Transformation Design

M.A.

Friederike Glaubitz
Subjektivierung von Arbeit – zwischen Selbstverwirklichung und Selbstausbeutung

Du willst kreativ sein und deine innovativen Ideen verwirklichen? Du suchst die Herausforderung, bist motiviert und offen für Neues?

Heutige Stellenanzeigen und Karriereportale betonen die Relevanz von Motivation, Innovation und Spaß bei der Arbeit. Sei flexibel! Sei motiviert! Sei kreativ! Betrachte Herausforderungen als Chancen! Zeig Verantwortungsbewusstsein, aber auch Risikobereitschaft. Mir ging diese Aufforderungsrhethorik immer irgendwie auf den Keks – auch wenn sie im gleichen Atemzug 'Spaß' sowie 'Selbstbestimmung und -verwirklichung' verspricht.

In der Theorie beschäftigt sich die arbeitssoziologische These der 'Subjektivierung von Arbeit' mit diesem Thema: Aufgrund von Strukturwandel (Wissens- und Kulturökonomie) und einem Paradigmenwechsel in der Arbeitsorganisation (Vermarktlichung, Flexiblisierung und Entgrenzung) ab den 1970 / 80er Jahren erfordert die postmoderne Lohnarbeit von den Arbeitssubjekten verstärkt das Einbringen von subjektiven Potenzialen: z. B. Selbststrukturierung, -kontrolle und -ökonomisierung, aber auch eine unternehmerische Denkweise oder motiviertes Arbeitshandeln. Ab dem gleichen Zeitpunkt werden auch auf Beschäftigtenseite Ansprüche laut, die auf die Einbringung subjektiver Potenziale in die Lohnarbeit abzielen: Selbstentfaltung und -verwirklichung, Vereinbarkeit von Work und Life sowie Spaß bei der Arbeit werden gefordert. Der scheinbar gleichförmige Wunsch nach Subjektivität auf Arbeitnehmer- und -geberseite birgt neben Autonomiepotenzial auch Risiken der Selbstausbeutung. Die postmoderne Anrufung des Subjekts als 'selbst-...', 'selbst-...', selbst-bestimmt' verlagert am Ende auch die Stressbewältigung in den Verantwortungsbereich des Individuums, das vielleicht erst nach vollständiger Ausschöpfung der inneren Potenziale den Blick nach außen richten darf.

Mein Werkstück ist ein ca. 11kg schwerer Quilt. Im oberen Teil befindet sich ein aufgestickter Text: "Ich kann nie sagen, für heute habe ich genug gearbeitet."

Supervision
Prof. Ulrich Fleischmann
Prof. Carolin Jörg